© fizkes iStockphoto

Porträt Dr. Doris Aufmesser

"Es gibt nichts Schöneres, als Allgemeinärztin zu sein"

Der Weg von Dr. Doris Aufmesser war vorgezeichnet, denn sie stammt aus einer Arztfamilie. Von ihrem Großvater übernahm ihr Vater die Ordination und Krankenanstalt. Beide waren ihre Vorbilder und lebten täglich vor, was es heißt, Arzt zu sein: "Ich habe bei meinem Vater und auch bei meinem Großvater nie erlebt, dass das Arbeit oder Beruf ist, sondern dass das ihr Leben ist. Es gibt eben nichts Schöneres und Abwechslungsreicheres, als als Allgemeinmedizinerin tätig zu sein", sagt Doris Aufmesser. Sie studierte in Innsbruck, machte ihre Turnusausbildung im Krankenhaus Schwarzach und war dort viel in der Unfallchirurgie und Anästhesie tätig. 2012 kehrte sie nach Radstadt zurück. Drei Jahre später übernahm sie die Kassenstelle für Allgemeinmedizin von ihrem Vater und stieg auch als Teilhaberin in der Krankenanstalt ein. Zum 1. Jänner 2019 übernahm sie die Krankenanstalt zur Gänze.

Die Krankenanstalt – eine kleine Klinik

Die Gründung der Krankenanstalt durch Max Aufmesser und deren Ausbau folgten dem wachsenden Bedarf: Mit dem zunehmenden Tourismus im Schigebiet Obertauern nahmen natürlich auch die Schiunfälle zu und dem Arzt war klar, dass das medizinische Angebot über das normale Maß einer allgemeinmedizinischen Ordination hinausgehen muss. Eine chirurgische Behandlung vor Ort war notwendig.

Heute umfasst die Krankenanstalt zwei Standorte: Radstadt und Obertauern, wobei Obertauern ein reiner Ambulanzstandort ist. Dort gibt es zwei große Räume für die Unfallchirurgie, außerdem Röntgen, Notfallequipment, einen Therapiebereich und ein kleines Labor für die Bestimmung von Blutwerten im Notfall. Im Winter ist die Ambulanz 24 Stunden besetzt, im Sommer wird die Ordination nur nach Vereinbarung und bei Bedarf geöffnet. Zwar nimmt auch der Sommertourismus in der Region zu, ist aber noch nicht so stark wie in anderen Gegenden, weshalb sich auch die Unfälle noch in Grenzen halten.

In Radstadt gibt es einen größeren Ordinations- bzw. Ambulanzbereich mit zwei großen unfallchirurgischen Räumen, Diagnostik- und Therapieräumen, einem größeren Labor, Physiotherapie, einem Computer- und einem Magnetresonanztomografen, einem Operationssaal sowie einer Bettenstation mit 13 Betten. Den Patienten stehen das ganze Jahr über zwei bzw. vier Ärzte für Allgemeinmedizin und ein Unfallchirurg zur Verfügung. Im Winter werden zusätzlich drei bis vier weitere Ärzte in Voll- oder Teilzeit eingestellt. Dazu kommen die Werkvertragsärzte: Unfallchirurgen und Anästhesisten. Im Winter sind dann an allen Standorten und in allen Bereichen 40 bis 50 bzw. 50 bis 60 Mitarbeiter tätig. Und die haben alle Hände voll zu tun: "An einem Wintertag in Obertauern können schon mal 100 Patienten kommen", sagt Doris Aufmesser. Das sind natürlich nicht alles Schitouristen, auch Einheimische suchen die Krankenanstalt auf. Der Vorteil dieser Organisationsform liegt für die Ärztin auf der Hand: "Wir sind eine private Krankenanstalt und haben die Möglichkeit, den Patienten im unfallchirurgischen Bereich vor Ort schnell eine optimale Versorgung anzubieten. Die Verunfallten, die eine operative Behandlung brauchen, werden gleich hier behandelt. Das verkürzt insgesamt die Dauer des stationären Aufenthalts und die Rehabilitationszeit", erklärt Aufmesser. "Wir sind spezialisiert auf die Operation von Sportverletzungen, insbesondere arthroskopische Kniechirurgie, und diese Patienten sind recht schnell wieder fit und mobil. In den allermeisten Fällen ist es möglich, dass sie die Heimreise wie geplant antreten."

Am häufigsten müssen bei den Schifahrern Knieverletzungen, zum Beispiel Bänderrisse, versorgt werden, daneben Schienbein- und andere Knochenbrüche. Bei den Snowboardern kommt es eher zu Handgelenks-, Oberarm- und Schulterverletzungen.

Die weitere Betreuung ist wichtig

Nach der Versorgung in den Krankenanstalten Radstadt und Obertauern reisen die meisten Patienten wieder nach Hause. Damit die Nachsorge auch dort gewährleistet ist, erhalten alle Patienten bei der Entlassung möglichst ausführliche Dokumente mit genauen Empfehlungen, wie es zu Hause weitergehen soll. "Außerdem bieten wir den Patienten an, dass sie sich bei Bedarf an uns wenden. Wir haben dafür eine eigene E-Mail-Adresse und eine eigene Handynummer eingerichtet, unter denen wir den bei uns behandelten und operierten Patienten jederzeit zur Verfügung stehen", sagt die Ärztin. Zur Qualitätssicherung erhält jeder Patient bei der Entlassung einen anonymen Fragebogen und ein halbes Jahr nach der Entlassung wird zudem an alle Patienten ein sogenannter Nachbehandlungsfragebogen verschickt, auf den hin sich wieder viele Patienten melden, weil noch Fragen aufgetreten sind.

Wegen der großen Zahl ausländischer Patienten haben die Krankenanstalten Radstadt und Obertauern mit den großen Versicherern direkt Verträge für stationäre Leistungen abgeschlossen, was die Abrechnung erleichtert hat. Für ambulante Leistungen wird – je nach Versicherungssituation – eine Rechnung gestellt.

Beruf und Familie – eine Frage der Organisation

Gerade im Winter, wenn die Ambulanz rund um die Uhr besetzt ist, ist dies für die Ärzte und Mitarbeiter eine Herausforderung. "Die Krankenanstalt wurde lange von meinem Vater und meinem Onkel geführt, mit einem wirklich sehr hohen persönlichen Einsatz", betont Doris Aufmesser. "Doch es hat jetzt einen Generationenwechsel gegeben, und ich kann das für die Zukunft so nicht aufrechterhalten", sagt die Mutter von zwei kleinen Kindern. Außerdem hätten sich auch bei den angestellten Ärzten die Erwartungshaltung und das Bild des Arztberufs gewandelt, erklärt sie. Zudem müssen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes erfüllt werden. Daher wurde die Organisation so umgestellt, dass es klare Zuständigkeiten gibt und nicht jeder für alles da sein muss. Verbindliche Dienstpläne sorgen dafür, dass die Stoßzeiten gut abgedeckt sind, aber dennoch die Ruhephasen nicht zu kurz kommen.

Für den reibungslosen Ablauf ist eine gute Kommunikation essenziell. Daran wurde in den letzten Jahren viel gearbeitet. Es wurde über ein Share-Point-System ein Intranet für die interne Kommunikation aufgebaut. In diesem System läuft auch das Qualitätsmanagementsystem, sind die Standards und Kontrollschritte eingebaut. "Wir sind ISO-zertifiziert. Wir haben einen hohen Standard, der extern kontrolliert wird", betont Aufmesser.

Und noch etwas Besonderes bietet die Krankenanstalt Radstadt ihren Mitarbeitern: Seit Herbst 2017 kümmern sich zwei Betriebstagesmütter um die Kinder der Mitarbeiter. "Das war mein Projekt, denn die Flexibilität, die meine Mitarbeiter brauchen, kann eine öffentliche Einrichtung nicht bieten. Ich war zwar nicht die Erste im Land Salzburg, aber die Erste im Pongau", sagt Doris Aufmesser mit berechtigtem Stolz. Das Angebot wird nicht nur von den Müttern, besonders von Wiedereinsteigerinnen, gut angenommen, sondern auch von den Kindern. Derzeit werden zu wechselnden Zeiten zwischen zehn und zwölf Kinder betreut. Das Alter reicht vom Klein- bis zum Schulkind.

Darüber hinaus bemüht sich Doris Aufmesser um ein gutes Betriebsklima. Es gibt einen Stammtisch, einmal pro Woche wird ein Teamtraining angeboten, das von einer externen Fachperson abgehalten wird. Im Sommer findet es draußen statt. Im Herbst wird regelmäßig ein Kommunikationsseminar veranstaltet. Darüber hinaus werden im eigenen Seminarraum Notfallschulungen, EDV-Schulungen, regelmäßige Dienstbesprechungen, Hygienefortbildungen etc. abgehalten. Das spricht sich herum, denn die Krankenanstalt hat einen guten Ruf als Arbeitgeber und viele der saisonal angestellten Ärzte kommen in den folgenden Jahren wieder nach Radstadt und Obertauern. Für viele sei auch interessant, in dieser Form – saisonal – tätig zu sein, sagt Doris Aufmesser.

Zusammenarbeit mit anderen Niedergelassenen und Spitälern

Die ärztliche Versorgung der Region ist gut. In dem Dienstsprengel gibt es zehn niedergelassene Allgemeinmediziner und deren Zusammenarbeit mit der Krankenanstalt funktioniert: "Es herrscht ein gutes kollegiales Verhältnis. Wir haben unter den niedergelassenen Kollegen viele Zuweiser, auch direkte Zuweiser. Wenn sich dort ein Patient vorstellt, dessen Verletzungsmuster von unserem Angebot abgedeckt wird, weisen ihn die Kollegen direkt uns zur weiteren Versorgung zu", sagt die Ärztin. Auch die Zusammenarbeit mit den nächstgelegenen Spitälern, Schwarzach und Schladming, sei gut, betont sie. Konkurrenz gebe es nicht, denn gerade im Winter hätten auch diese alle Hände voll zu tun.

Daher blickt Doris Aufmesser positiv in die Zukunft. Die Krankenanstalten sind gut aufgestellt, Probleme, die offenen Stellen zu besetzen, hat sie nicht und wie Großvater und Vater arbeitet sie stetig daran, das Angebot den sich wandelnden Bedürfnissen von Patienten und Mitarbeitern anzupassen.

Radstadt: Die Ambulanz ist im Winter rund um die Uhr in Bereitschaft.

© Lorenz Masser

Das Herz der Krankenanstalt: Hier gründete Dr. Max Aufmesser 1945 seine Ordination.

Modernste Technik ermöglicht eine schnelle und umfassende Versorgung der Patienten.

Teamarbeit: D. Aufmesser und M. Kucharczyk, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie

Familie und Beruf verbinden– die betriebseigene Tagesmutter macht es möglich.

Weiterbildung wird in der Krankenanstalt Radstadt großgeschrieben. Dafür gibt es einen eigenen Seminarraum.

<div class="source"> Fotos von © Lorenz Masser </div>

Bericht:
Dr. Corina Ringsell

Back to top