© izzetugutmen iStockphoto

Die Rolle der Frau als Ärztin in Spital und Praxis

In einer grundlegenden Auseinandersetzung mit diesem Thema müssen wir uns als Erstes auf die Stärken der Frauen besinnen.

Wir sind widerstandsfähig und flexibel und halten sehr oft die Strukturen in der Familie aufrecht. Multitasking ist für uns kein Fremdwort, sondern Alltag: Beruf, Kinder, Kochen, Haushalt, Beziehung, Ehefrau und Muse müssen ständig unter einen Hut gebracht werden.Wir sind feinmotorisch besonders versiert, besonnen und vorsichtig, kommunikativ, bevorzugen den Konsens gegenüber der Konfrontation und machen die Welt dadurch friedlicher. Vernetztes Arbeiten mit anderen gelingt uns leichter wie auch die Anpassung an unterschiedliche Anforderungen. Insgesamt gelingt es uns mehr, die verschiedenen Facetten unserer Person je nach Situation variabler zum Ausdruck zu bringen.

Trotz all dieser Stärken, die wir nun aufweisen, bekommen wir weniger Wertschätzung und Anerkennung und vieles, was wir tun, wird schlichtweg als selbstverständlich angesehen. Oft steigt sogar die Erwartungshaltung der Umgebung noch zusätzlich an. Als Konsequenz drohen massive Gefahren, wie Überforderung und Erschöpfung.

Speziell in der Medizin befindet sich die Rolle der Frau seit einigen Jahren in einem starken Wandel. Mehr als die Hälfte der Kandidaten beim Aufnahmetest für Medizin ist nunmehr weiblich. Und auch der Anteil der Frauen in Spital und Praxis ist kontinuierlich im Ansteigen begriffen.

Rolle der Frau als Ärztin im Krankenhaus

Die Rolle der Frau als Ärztin speziell im Krankenhaus umfasst viele Aspekte. Wir arbeiten viel und meist auch im Detail sehr genau, sind auch in der Regel empathischer, auf einer weniger sichtbaren Ebene als unsere männlichen Kollegen. Wir tragen dadurch sehr viel zum guten Gelingen der ärztlichen Arbeit und zum Arbeitsklima bei, lassen dabei aber auch unseren Mitarbeitern und Patienten mehr Entscheidungsspielraum.

Zu unserem Nachteil stellen wir gerne uns und unsere Leistungen unter den Scheffel und fordern auch zu wenig und zu inkonsequent, was wir eigentlich möchten und was unseren Interessen gerecht wird. Als Resultat bleibt die Wertschätzung oft auf der Strecke. Um unserer Rolle als Mutter und Hauptsäule der Familie gerecht zu werden, ergeben sich in der ärztlichen Berufsausübungimmer noch typische „Männer- und Frauenfächer“, wobei bei den Frauen Kinderheilkunde, Anästhesie, Psychiatrie und physikalische Medizin im Vordergrund stehen, mit einer daraus häufig resultierenden Verschiebung in das untere Gehaltsspektrum. Dies führt zu einer Situation, die mit einem modernen Ausdruck als „gender pay gap“ bezeichnet wird.

Von den Patienten werden wir Ärztinnen im Klinikbetrieb nach wie vor oft als Krankenschwestern angesehen und angesprochen, da uns weniger zugetraut wird als unseren männlichen Kollegen. Wir haben bislang weniger Netzwerke und stehen weniger im Rampenlicht. Der männliche Teil der Ärzteschaft kommt hingegen viel besser zur Geltung und präsentiert sich effektiver. Wir werden bei Beförderungen oft benachteiligt und sind dadurch als Entscheidungsträgerinnen im medizinischen Bereich nach wie vor unterrepräsentiert. Als Folge davon sind Frauen in den oberen Führungsetagen der Kliniken und Spitäler äußerst dünn gesät. An Nachwuchs mangelt es jedoch keineswegs, eher an leuchtenden Vorbildern.

Rolle der Frau als Ärztin in der Praxis

Diverse Umfragen ergeben, dass 80% der niedergelassenen Ärztinnen mit ihrer Arbeitssituation zufrieden sind. Das liegt vor allem daran, dass sie ihre eigenen Chefinnen sind, Männer nicht unnötig dazwischenfunken können und dadurch ein größerer Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten besteht. Dadurch wird die Freude an der Arbeit ein wesentlicher Faktor unserer Lebensqualität.Hängt nun hier der Himmel voller Geigen und ist damit unsere Welt in Harmonie und Ordnung? – Leider nicht! Auch hier gilt es, noch eine lange Liste von Widrigkeiten zu überwinden, und es besteht ein großer Aufholbedarf.

Als Folge eines zu häufig praktizierten „Samaritertums“ kommen wir in der Verrechnung von Leistungen häufig zu kurz. Wir verkaufen unsere Arbeit vielfach zu billig. Dies führt in Verbindung mit zu geringer Beachtung wirtschaftlicher Aspekte diverser Tätigkeiten in der Praxis zu einem vergleichsweise geringeren Einkommen. Ebenso bleibt der „gender gap“ weiterhin bestehen, indem der Großteil der Familienplanung und Kindererziehung weiterhin den Frauen zufällt.

Es liegt an uns, dies zu verändern und alles daran zu setzen, das große Potenzial der vielen Verbesserungsmöglichkeiten zu nutzen. Dies betrifft unsere Situation sowohl im Spital als auch in der niedergelassenen Praxis. Wichtige Maßnahmen umfassen dabei, systemkonformes Verhalten zu reduzieren und vor allem die Angst abzubauen, etwas „Falsches“ oder „nicht das Richtige“ zu tun.

In Summe ist es entscheidend, nicht immer automatisch den Männern den Vortritt zu lassen, sondern selbst häufiger die Stimme zu erheben und für unsere Anliegen und Interessen Stellung zu beziehen.

Damit wären wir auf dem besten Weg, unsere Rolle als Ärztin in Spital und Praxis zukünftig in den richtigen Bahnen weiterzuentwickeln bzw. zu verwirklichen!

Back to top