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Gesichter der Allgemeinmedizin

Viele von Ihnen besuchen regelmäßig unsere ALLGEMEINE+ Quartette. Daher haben wir das Herbstquartett 2021 zum Anlass genommen, um mit einigen unserer Besucher in Wien und Graz ins Gespräch zu kommen. Wir haben uns zur Frage „Warum Allgemeinmedizin?“ unterhalten und dabei mehr über die verschiedenen Beweggründe der Berufswahl erfahren. Was besonders viel Freude bei der Arbeit macht, aber auch Wünsche für die Zukunft der Allgemeinmedizin wurden thematisiert. Lesen Sie im Folgenden mehr über Ihre Kolleginnen und Kollegen und was diese im Berufsalltag bewegt!


Dr. Marietta Rein

Praktische Ärztin
Wahlärztin
1100 Wien

Seit meiner Mittelschulzeit war für mich klar, dass ich Medizin studieren möchte. Es war für mich aber auch schon immer wichtig, den Menschen als Ganzes zu sehen, also sich nicht auf Teilaspekte zu fokussieren, sondern auch das große breite Umfeld im Auge zu haben. Ich betreue sozusagen gern von der Haarwurzel bis zur Zehenspitze! Ich habe allerdings sehr wohl Einzelfächer wahrgenommen, habe 1,5 Jahre in einem Herzkatheterlabor gearbeitet, Osteoporoseambulanzen betreut und verschiedenste Diplome, wie z.B. für Kurmedizin, Notfallmedizin etc., absolviert. Der Weg war nicht immer leicht, aber es hat mich nie davon abgehalten, Allgemeinmedizinerin zu werden.

Besonders viel Freude macht mir das Multidisziplinäre, der unheimlich konsequente Umgang mit den Patienten, deren positives Feedback, aber auch die Dankbarkeit und das enorme Vertrauen, das uns praktischen Ärzten von unseren Patienten entgegengebracht wird.

Für die Zukunft wünsche ich mir die Aufwertung des Berufs des Allgemeinmediziners. Denn wir sollten die Anlaufstelle für alle Facharztdiagnosen sein und müssen im Anschluss dann alle Diagnosen unter einen Hut bringen und den Patienten in seiner Gesamtheit betrachten. Ein weiterer Punkt, der uns die Arbeit sehr erleichtern würde, wäre weniger Bürokratie!

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Dr. Winfried Köhler

Praktischer Arzt
Alle Kassen
Obertrum am See

Eigentlich wollte ich immer Gynäkologe werden, war in einem oberösterreichischen Spital auch Erstgereihter für diese Facharztausbildung. Aus politischen Gründen wurde ich dann allerdings nicht genommen. Die Enttäuschung darüber hat mich dazu veranlasst, mich für eine Kassenstelle bei der Salzburger Ärztekammer zu bewerben. 1993 habe ich dann eine Kassenstelle als praktischer Arzt in Obertrum zugesprochen bekommen und seitdem betreue ich dort meine Patienten.

Die Entscheidung, als Allgemeinmediziner zu praktizieren, bereue ich heute nicht mehr, denn Nachtdienste und herausfordernde Geburten sind anstrengend und kosten viel Kraft.

Durch meinen guten Zugang zu Kindern und Jugendlichen betreue ich eine therapeutische Wohngemeinschaft für Jugendliche, eine Herausforderung, die mir sehr viel Freude bereitet. Außerdem behandle ich in meiner Ordination auch viele Asylanten und Migranten, bei deren Betreuung ich mir etwas mehr Unterstützung wünschen würde. Vor einiger Zeit stand uns Ärzten eine Dolmetsch-Hotline zur Verfügung, die die Kommunikation mit nicht Deutsch sprechenden Patienten enorm erleichtert hat. Da es diese Hotline nicht mehr gibt, sehe ich mich oft mit dem Problem konfrontiert, dass ich mich mit diesen Patienten nicht adäquat verständigen kann, was nicht nur frustrierend ist, sondern auch viel Zeit kostet.

Für die Zukunft wünsche ich mir daher, dass es in solchen Belangen Unterstützung für uns gibt. Aber auch eine angepasstere Honorierung, die es uns ermöglicht, mehr Zeit für Patientengespräche aufzubringen, aber auch den administrativen Aufwand einer Behandlung abdeckt, wäre erstrebenswert. Ich persönlich würde mich auch über Supervision freuen. Gerade mit der Covid-19-Impfung sehen wir praktischen Ärzte uns immer wieder mit diversen Problemen konfrontiert, die man alleine oft nicht lösen kann.

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Dr. Ahmad Hamad

Praktischer Arzt
Alle Kassen
1220 Wien

Auch ich habe in Wien studiert, und obwohl die Zulassung ein Kampf war, ist nach dieser Hürde alles gut gelaufen – seit über 25 Jahren bin ich nun Allgemeinmediziner in Wien. Mich hat schon immer die Bandbreite der Tätigkeiten, also die breite medizinische Palette dieses Berufs fasziniert. Das ist auch der Grund, warum ich nach so langer Zeit noch immer große Freude an diesem Beruf habe. Vor allem die Möglichkeit, meinen Patienten zu helfen bzw. sie an die richtigen Stellen weiterzuvermitteln, macht mich zu einem Mediziner mit gutem Gewissen.

Für die Zukunft der Allgemeinmedizin wünsche ich mir mehr Anerkennung. Zum einen könnte das durch den Facharzt für Allgemeinmedizin erreicht werden, zum anderen wünsche ich mir jedoch die Anerkennung der Kassen für erbrachte Leistungen, also die bessere Bezahlung bei gleichzeitig mehr Zeit für meine Patienten. Für eine umfassende Anamnese braucht es Zeit, genauso wie für die bestmögliche Behandlung. Wenn dies auch noch entsprechend honoriert würde, wären beide Seiten zufriedener.

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Dr. Ashfag Sheriff

Praktischer Arzt
Alle Kassen
1040 Wien

Ich habe in Wien studiert, war allerdings mit der damaligen Ausbildung nicht unbedingt zufrieden. Einiges wurde zu meiner Studienzeit gar nicht abgedeckt, so waren Fächer, wie z.B. die HNO-Heilkunde, nicht im Lehrplan vertreten. Nach meinem Studium war ich in Oberwart, wollte Orthopäde werden, da es diese Fachrichtung dort jedoch nicht gab, habe ich mich dafür entschieden, Allgemeinmediziner zu werden. Ein entscheidender Faktor dabei war, dass ich nicht im Spital arbeiten wollte. Ich hatte keine Lust auf Intrigen, negative Kräfte und wusste schon früh, dass ich gern mein eigener Chef wäre.

Nun bin ich seit 39 Jahren selbstständig und bereue diese Entscheidung keine Sekunde. Das eigenverantwortliche Arbeiten ist mir sehr wichtig, zudem habe ich ein sehr gutes Einvernehmen mit meinen Patienten. Außerdem werde ich von einem ausgezeichneten Team unterstützt, habe Freunde in meiner Praxis gefunden. Meine Assistentinnen leisten exzellente Arbeit und nehmen mir viel Stress und Druck ab.

Für die Zukunft würde auch ich mir einen Facharzt für Allgemeinmedizin wünschen, vor allem aber generell Anerkennung. Oft werden wir praktischen Ärzte herablassend behandelt, obwohl wir die ersten und auch längsten Ansprechpartner für unsere Patienten sind.

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Bericht:

Dr. Katrin Spiesberger, MSc

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