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ÖÄK-Präsident Szekeres:

„Grippe ist eine wirklich schwere Erkrankung“

Wie wichtig ist die Grippeimpfung?

Szekeres: Die echte Grippe ist eine ansteckende und schwere Erkrankung. Wenn man sie verhindern kann, ist das gut. Deshalb ist die Impfung sinnvoll. Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass die Influenza eine gefährliche und oft auch tödlich verlaufende Krankheit ist, gegen die, im Unterschied zu Sars-CoV-2, ein Impfschutz möglich ist. Wer geimpft ist, erkrankt nicht mehr schwer an der Grippe – muss also auch nicht ins Spital. Dadurch bleiben die Ressourcen frei für andere schwere Erkrankungen – vor allem für schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung. Mit dem Start der Impfaktion schon im Oktober bereitet sich die Stadt Wien auf den statistischen Höhepunkt der Grippeerkrankungen im Jänner und Februar vor. Impfen schon jetzt macht also Sinn, besonders in Zeiten des Coronavirus.

Gilt das auch für Gesundheitsberufe?

Szekeres:Ja. Ich halte es für besonders wichtig, dass sich das Gesundheitspersonal impfen lässt. Jeder könnte ja auch Patienten anstecken, und das sollte unbedingt verhindert werden. Es geht auch darum, dass man die vulnerablen Gruppen vor einer Infektion schützt – das sind in erster Linie die Patienten. Aber natürlich ist es auch wichtig, das Personal zu schützen. Was sonst passieren kann, hat man ja zu Beginn der Coronavirus-Krise etwa in Italien, Spanien oder Frankreich gesehen.

Gibt es genug Impfstoff?

Szekeres: Wien hat so viel bestellt, wie möglich war. Die Bestellung der Impfstoffe erfolgte übrigens bereits zu einem Zeitpunkt, als die Auswirkungen der Coronavirus-Krise noch nicht klar waren. Die durchschnittliche Durchimpfungsrate bei Influenza liegt in Wien wie auch in Gesamtösterreich bei etwa acht Prozent. Dise Zahl wird heuer steigen, und das ist auch das erklärte Ziel der Gratisimpfaktion in Wien. In Wien gibt es jetzt Impfstoff, der ausreicht, um 25 Prozent der Bevölkerung zu impfen. In jedem Fall sollten Kinder, Personen mit Vorerkrankungen und vor allem ältere Menschen geimpft werden.

Lassen Sie sich selbst impfen?

Szekeres:Ja, selbstverständlich. Immer. Es macht Sinn, sich regelmäßig impfen zu lassen. Ich hatte vor einigen Jahren eine echte Grippe – und das ist eine wirklich schwere Erkrankung.

Immer wieder berichten die Medien über impfskeptische Ärzte. Wie beurteilen Sie das?

Szekeres:Ich verstehe das nicht und kann Impfskepsis nicht nachvollziehen. Ich bin enttäuscht, wenn Ärzte Impfgegner sind. Das widerspricht klar der Wissenschaft und dem Ehrenkodex. Impfungen sind die wichtigsten Maßnahmen gegen Infektionskrankheiten. Wenn ein Arzt Impfgegner ist, diese Ablehnung noch dazu verbreitet und somit Patienten von Impfungen abhält, wird ein Disziplinarverfahren gegen den Arzt eingeleitet. Solche Fälle hat es auch schon gegeben.

Was sollen Ärzte bei einem Grippe-/Coronavirus-Verdacht tun? Und wie können beide Infektionen auseinandergehalten werden?

Szekeres: Wir raten prinzipiell vorsichtig zu sein, um Infektionsketten in Ordinationen und Spitälern zu unterbrechen. Möglichkeiten dafür sind eigene Sprechstunden, bei denen sich das Ordinationspersonal durch Maske und entsprechende Kleidung schützen kann. Im Idealfall sollten fiebernde Patienten zu Hause bleiben und durch einen Hausbesuch ihres Hausarztes oder in Wien durch den Ärztefunkdienst betreut werden. Besuche in Ordinationen sollten gerade jetzt in der Grippezeit nur nach telefonischer Voranmeldung stattfinden. Das gilt vor allem für den Fall, dass jemand Erkältungssymptome hat. Die Ärztekammer hat dafür einen ganzen Maßnahmenkatalog für die Ordinationen erarbeitet, um sie möglichst sicher zu halten.

Derzeit wird viel über die Entwicklung einer Coronavirus-Impfung diskutiert – wann kommt sie?

Szekeres:Hoffentlich bald. Bald heißt vielleicht schon Ende des Jahres. Einige Impfstoffkandidaten befinden sich bereits in der klinischen Phase III. Wenn diese Phase erfolgreiche Ergebnisse zeigt, könnte es sich 2020 ausgehen. Danach wird es aber dauern, bis genug Impfstoff für alle vorhanden ist. Dann muss man priorisieren und vor allem Gesundheitspersonal und Risikogruppen zuerst impfen. Dafür müssen aber jetzt schon Pläne ausgearbeitet werden, damit es nicht zu Engpässen kommt.

Wir bedanken uns für das Gespräch!

Bericht:
Axel Ganster, MAS

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