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STAFAM 2019

Kommunikation in der Hausarztpraxis

Ich bin verantwortlich für das, was ich sage, aber nicht für das, was Sie hören." So leitete Prof. Helmut Milz seinen Vortrag zu "Hausarztmedizin – Vertrauen finden und zwischenmenschliche Kommunikation" ein und hatte damit den Kern des Problems, das viele Hausärzte täglich in ihrer Ordination erleben, auf den Punkt gebracht.

Die Basis der Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist Vertrauen. Vertrauen bewege sich zwischen Wissen und Nichtwissen und beinhalte den Willen, eigene Kontrolle abzugeben, erklärte Milz. Vor allem braucht es Zeit, um Vertrauen zu entwickeln. Um einen vertrauensvollen Zugang zum Patienten zu bekommen, bedarf es zunächst persönlichen Wohlwollens, moralischer Integrität, empathischer Zuwendung und respektvollen Umgangs. Die fachliche Kompetenz, so wichtig sie ist, zählt erst in zweiter Linie. Was die Patienten erwarten ist, dass der Arzt zuhören kann und will.Er sollte nicht nur darauf achten, was der Patient sagt, sondern auch, wie er es sagt.Zwischentöne und Körpersprache verraten oft sehr viel mehr als das Ausgesprochene.

Vermeiden sollte man (oft unbewusst) einschleichende Vorurteile gegenüber anderen und eine falsche Routine, die zu mehr Fehlern führt, so Milz. Auch ein Zuviel ist schädlich, zum Beispiel eine "emotionale Ansteckung", sprich zu wenig Distanz. Empathie sei wichtig, um Vertrauen aufzubauen, aber eine "empathische Erschöpfung" helfe niemandem, sagte er.

Dem Bauchgefühl vertrauen?

Milz ist der Ansicht, dass in der Hausarztordination häufig heuristische Prozesse angewandt werden. Das bedeutet, dass bei begrenztem Wissen über ein System mithilfe von Mutmaßungen Schlussfolgerungen getroffen werden. Er erklärte, dass so, bei vorliegender allgemeiner Erfahrung, oft bessere Vorhersagen getroffen werden können als durch komplexe statistische Verfahren.

Stolpersteine des Vertrauens

Äußere Zwänge wie Zeitmangel, überbordende Bürokratie oder ökonomische Vorgaben können das Vertrauensverhältnis beschädigen. Das Gleiche gilt für einen häufig noch vorhandenen Paternalismus und unreflektierte Rollenzuweisungen in der Arzt-Patienten-Beziehung. Dies gilt es, sich immer wieder bewusst zu machen und zu vermeiden, denn: Vertrauen und Kommunikation zwischen Arzt und Patient beeinflussen Diagnostik und Therapie. Sie sind ein wesentlicher Teil des Placebo-/Nocebo-Mechanismus. Sie können das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Körpers mobilisieren und die Patienten zum Mitwirken am Heilungsprozess motivieren. Zudem könnte durch eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung die Wirksamkeit von Medikamenten gesteigert sowie Nebenwirkungen gesenkt werden, erklärte Milz.

Bericht:

Dr. Corina Ringsell

Quelle:

50. Kongress für Allgemeinmedizin,
28.–30. November, Graz

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