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Gescheiterte Kosten- und Personalreduktion

Rechnungshof kritisiert Fusion der Krankenkassen

Mit 1. Jänner 2020 wurden die 21 Sozialversicherungsträger auf 5 reduziert: Die 9 Gebietskrankenkassen wurden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengelegt. Bauern und Unternehmer wurden in der neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) vereint, die Beamten bekamen die Eisenbahner und den Bergbau zur Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahn und Bergbau (BVAEB) dazu. Die Pensionsversicherungsanstalt (PV) blieb ebenso bestehen wie die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Für besondere Kritik sorgte schon damals, dass vor allem in den Gremien der ÖGK die Arbeitnehmer ihre Mehrheit verloren und stattdessen eine Parität mit den Dienstnehmervertretern hergestellt wurde, womit die ÖVP de facto eine Mehrheit bekam. Der Vorsitz in der ÖGK, der PV und im neu geschaffenen Dachverband wechselt halbjährlich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Die damalige türkis-blaue Regierung versprach für die Reform nicht nur eine massive Reduktion der Zahl an Kassenfunktionären, sondern auch eine „Patientenmilliarde“. Davon kann aber laut einem Rechnungshof-Rohbericht keine Rede sein: Die Prüfer stellten stattdessen einen Mehraufwand von 214,95 Mio. Euro fest. Grund dafür sind unter anderem höhere Kosten für Verwaltung und IT.

Auch die geplante Personalreduktion fand demnach bisher nicht statt: Bei den Krankenkassen erhöhte sich der Personalstand von 16087 Vollzeitstellen im Jahr 218 auf 16189 im Jahr 2020. Bei den Führungskräften kam es immerhin zu einer geringfügigen Verschlankung.

Der Rechnungshof kritisiert im Rohbericht auch die Personalbesetzungen bei der Gesundheitskasse und beim Dachverband als intransparent. Konkret betrifft dies etwa den Büroleiter des neuen Dachverbands, einen Investmentbanker. So seien etwa Dokumente zu Entscheidungskriterien vor der Prüfung geschreddert worden. „Was wir längst gewusst haben, hat wie medial kolportiert nun der Rechnungshof bestätigt: Statt der versprochenen Patientenmilliarde gab es nur Mehrkosten“, kritisiert MR Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. „Es war uns längst klar, dass es sich bei diesen Versprechungen maximal um Wunschdenken gehandelt haben kann. Jetzt können wir wohl endgültig dieses Märchenbuch schließen“, fasst Steinhart zusammen. „Jedenfalls muss der Scherbenhaufen, der da verursacht wurde, so schnell wie möglich aufgeräumt werden. Den Landesstellen müssen dringend ihre Kompetenzen zurückgegeben werden und die aktuelle Regierung ist aufgefordert, massiv Geld in die Österreichische Gesundheitskasse zu pumpen.“ Nur so könne der Schaden noch repariert werden, der seit der Ankündigung noch angewachsen ist.Angesichts dessen erfordere es daher eine noch größere Finanzspritze, um den Patienten doch noch ihre hochverdiente Versorgungsverbesserung zu ermöglichen. Der Generaldirektor der ÖGK, Mag. Bernhard Wurzer, verteidigte in einem ZiB-2-Auftritt trotz massiver Kritik des Rechnungshofs die Kassenreform. Das Einzige, was man den damaligen politischen Vertretern möglicherweise vorwerfen könne, sei, dass die „Patientenmilliarde“ zu schnell versprochen wurde, gestand Wurzer ein. Dass sich die Erfolge nicht so schnell eingestellt haben wie versprochen, sei aber auch der Pandemie geschuldet. (red)

Quelle:

Presseaussendung der Österreichischen Ärztekammer vom 2.Juli 2022

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