
9. Juni 2022
Asthma & COPD
Welcher Inhaler für welchen Patienten?
Für den Erfolg der inhalativen Therapie sind die korrekte Umsetzung und die Adhärenz vonseiten des Patienten entscheidend. Ein wichtiges Kriterium dafür ist neben der Wirkstoffkombination vor allem die Auswahl des passenden Inhalators, wie Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Wien, im Rahmen des ALLGEMEINE+ Frühjahrsquartetts 2022 erläuterte.
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Inhalierbare Medikamente bilden die Basis der Asthma- und COPD-Therapie und verbessern bei richtiger Anwendung die klinischen Ergebnisse. Mit dem Alter nimmt die Therapiebedürftigkeit häufig zu, gleichzeitig sinkt die Fähigkeit, eine korrekte Inhalationstherapie durchzuführen. Parallel zu möglichen Begleiterkrankungen und Exazerbationen treten meist auch körperliche und kognitive Defizite auf, welche die korrekte Anwendung der Inhalationssysteme beeinträchtigen und die Adhärenz verschlechtern können.
Therapiegrundsätze bei COPD und Asthma
Im Mittelpunkt der COPD-Therapie steht die Bronchodilatation mit einem langwirksamen Anticholinergikum (LAMA), während für Asthma inhalative Kortikosteroide die Basis der Erstbehandlung darstellen. Langwirksame Beta-Agonisten (LABA) spielen als Kombinationswirkstoffe sowohl bei der COPD als auch beim Asthma eine wichtige Rolle. Ebenso gewinnen Triple-Therapien (LAMA/LABA/ICS) bei beiden Atemwegserkrankungen als Eskalationsoptionen bei Exazerbationen an Bedeutung.
Kategorisierung der COPD-Patienten
Grundlage der Therapie ist die exakte Diagnose mit der genauen Kategorisierung des Patienten. Typisch für COPD sind die Atemnot bei Belastung und die nachweisbare Atemwegsobstruktion. Liegen sowohl Atemnot als auch Exazerbationen vor, erfolgt die Orientierung am Pfad der Exazerbationen.1 Die Grade 1–4 werden anhand der Einschränkung der Lungenfunktion eingeteilt, die weitere Einteilung nach A, B, C, D erfolgt aufgrund der Symptomatik und in Hinblick auf das Risiko für Exazerbationen mithilfe des CAT-Tests nach GOLD.1
Die Bronchodilatation bleibt weiterhin die Grundlage der COPD-Therapie. Mit der Behandlung wird bei Patienten ab einem CAT ≥ 10 bzw. ab der Gruppe B begonnen – mit einem lang wirksamen Bronchodilatator (LABA oder LAMA). Bei schwerer Dyspnoe werden beide kombiniert. Ist das Ansprechen auf die initiale Behandlung ausreichend, bleibt man dabei. Kommen unter einer dualen Bronchodilatation weiterhin Atemnot bzw. Exazerbationen vor, wird das LABA mit ICS kombiniert bzw. auf eine Triple-Therapie mit ICS gesteigert. Definiert ist eine COPD-Exazerbation als eine akute, zumindest zwei Tage lang anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptomatik, die eine Therapieintensivierung notwendig macht. Das Exazerbationsrisiko kann mithilfe der Eosinophilenzahl im Blut als Entzündungsmarker gut abgeschätzt werden. Bei Werten >300 µl ist das Exazerbationsrisiko erhöht. Halten sich die Exazerbationen unter zwei pro Jahr bzw. sinkt die Zahl der Eosinophilen wieder unter 300 µl, sollte das ICS wieder abgesetzt werden.2
Einstellung bei Asthmapatienten
Zur Einleitung einer adäquaten Asthmatherapie ist neben der Messung der Lungenfunktion auch die Bestimmung des Asthmaphänotyps hilfreich. Für die klinische Praxis genügt es zumeist, zwischen dem überwiegend allergischen, dem nichtallergischen eosinophilen sowie dem neutrophilen Asthma zu unterscheiden. Nach gesicherter Diagnose der Asthmaerkrankung erfolgt die Einleitung der adäquaten Therapie anhand des Stufenschemas. Wichtig ist es auch, zu Beginn all jene Risikofaktoren zu evaluieren, die eine optimale Therapie beeinflussen könnten – dazu zählen nicht zuletzt die richtige Anwendung des Inhalators bzw. mögliche Parameter, welche dessen Handhabung erschweren können, wie z. B. Seh- oder Muskelschwäche.3
Nach wie vor gilt: Die langfristige Asthmakontrolle und Verbesserung der Lungenfunktion sind nur durch eine frühzeitige und kontinuierliche ICS-Therapie zu erwarten. Durch die Steroidtherapie wird die ursächliche Entzündungsreaktion an der Bronchialschleimhaut direkt unterdrückt. Daher sollte bei der Erstdiagnose von Asthma bronchiale sofort ein ICS verschrieben werden.
Die inhalative Therapie
Die Inhalation von Medikamenten in der Behandlung von Atemwegserkrankungen hat zahlreiche Vorteile, birgt aber auch Nachteile (Tab. 1). Prinzipiell gilt: Der Arzt entscheidet, welche Substanzen zum Einsatz kommen, der Patient gemeinsam mit dem Arzt über die Art des Inhalationssystems. Zur Entscheidungsfindung sollten auf jeden Fall Vorführgeräte der verfügbaren Inhalatoren verwendet werden, um den Patienten einerseits die genaue Anwendung vorzuzeigen und um andererseits herauszufinden, ob er das jeweilige Gerät auch richtig anwenden kann. Ein Algorithmus für die Auswahl des passenden Inhalators ist in der Abbildung 1 dargestellt.5
Bei der Inhalation gelangen maximal 20 bis 30% der freigesetzten Dosis in die Lunge. Wichtig ist es, die Inhalation mit aufrechtem Oberkörper durchzuführen. Vor der Inhalation soll der Patient entspannt und vollständig ausatmen. Beim Dosieraerosol wird bei der Inhalation langsam und tief eingeatmet, bei Pulverinhalatoren sollte grundsätzlich kräftig bzw. rasch und tief eingeatmet werden, um die maximale Wirkung zu gewährleisten. Diese Angaben können allerdings zwischen verschiedenen Modellen auch variieren. Nach der Inspiration sollte der Atem 5 bis 10 Sekunden lang angehalten werden, bis die Luft wieder unter „Lippenbremse“ ausgeatmet wird. Therapieadhärenz sowie Inhalationstechnik sollten in regelmäßigen Abständen respektive vor jeder Therapieeskalation unbedingt überprüft werden, da eine „unwirksame“ inhalative Therapie oft auf Anwendungsfehlern beruht (Tab. 2).
Dosieraerosol versus Trockenpulverinhalator
Dosieraerosole („pressurized Metered Dose Inhaler“, pMDI) punkten bei adäquater Handhabung mit einer hohen Dosisgenauigkeit, konkret mit der konstanten Abgabe der Dosis pro Sprühstoß unabhängig vom Inspirationsfluss des Patienten (Tab.3). Das Hauptproblem beim Dosieraerosol stellt allerdings die Koordination zwischen Inspiration und Freisetzung des Aerosols durch Druck auf den Metallbehälter dar. Abgesehen davon fehlt älteren bzw. multimorbiden Patienten (Rheuma etc.) oft auch die Kraft im Daumen zum Auslösen.
Bei älteren und multimorbiden Patienten sollten daher nach Möglichkeit Trockenpulverinhalatoren („Dry Powder Inhalors“, DPI) aufgrund der leichteren Bedienbarkeit bevorzugt werden. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass DPI durch den Atemzug aktiviert werden. Ist aufgrund der notwendigen Wirkstoffkombination dennoch ein Dosieraerosol indiziert, sollte es stets mit einer Vorschaltkammer (Spacer) kombiniert werden, um die erhöhte oropharyngeale Deposition zu umgehen und die Koordination zu verbessern. Zwischen dem Einsprühen des Aerosols und dem Beginn der Inspiration können je nach Vorschaltkammer 4 bis 10 Sekunden verstreichen, die Inhalation sollte über das Mundstück und nicht über eine Mund-Nasen-Maske erfolgen.
Fazit
Für Asthma und COPD gilt gleichermaßen: Die Möglichkeit zur korrekten Durchführung der Inhalation bzw. ist entscheidend für die Auswahl des Inhalatormodells durch den Arzt gemeinsam mit dem Patienten. Maßgeblich dafür sind die mentalen und manuellen Fähigkeiten sowie die persönliche Präferenz des Patienten. Muss der Patient mehrere Substanzen bzw. Inhaler kombiniert anwenden, sollten nach Möglichkeit Inhalatoren eines Typs gewählt werden. Die korrekte Durchführung der Inhalation ist durch eine genaue Instruktion bei Therapiebeginn sicherzustellen und bei jedem weiteren Patientenkontakt respektive vor jeder Therapieeskalation zu überprüfen.
Bericht:
Mag. Andrea Fallent
Quelle:
„Asthma & COPD: welcher Inhaler für welchen Patienten?“, Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Wien, beim ALLGEMEINE+ Frühlingsquartett 2022 in Wien, 29.4.2022
Literatur:
1 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD): Pocket guide to COPD diagnosis, management, and prevention. 2021 edition; https://goldcopd.org/wp-content/uploads/2020/11/GOLD-2021-POCKET-GUIDE-v1.0-16Nov20_WMV.pdf ; zuletzt aufgerufen am 8. 6. 2022
2 Chalmers JD et al.: Withdrawal of inhaled corticosteroids in COPD: a European Respiratory Society guideline. Eur Respir J 2020; 55: 2000351
3 Global Initiative for Asthma: GINA 2021; www.ginasthma.org ; zuletzt aufgerufen am 8. 6. 2022
4 Voshaar T et al.: Empfehlungen für die Auswahl von Inhalationssystemen zur Medikamentenverabreichung. Pneumologie 2001; 55: 579-86
5 ÖGP-Pocket-Guide: Booklet Inhalative Therapie – Asthma und COPD, Update 2019